Die Trauung
Wollen zwei Menschen ihren weiteren Lebensweg gemeinsam gehen, so können sie auf einem Standesamt eine Eheschließungshandlung vornehmen lassen. Ist diese erfolgt, wird sie in das Personenstandsregister eingetragen und hat rechtliche Folgen für das Ehepaar. Sogar kirchenrechtliche. Denn seit 1876 ist in der evangelischen Kirche hierzulande die standesamtliche Eheschließung eine unerlässliche Voraussetzung für die kirchliche Trauung.
Was verheiratete Paare an den Traualtar führt, hat daher nichts mit dem staatlichen Recht zu tun, sondern mit dem, was wir Menschen nur von Gott erbitten und auch nur von ihm bekommen können: seinen Segen. Die kirchliche Trauung ist ein Segnungsgottesdienst. Und in aller Regel ist dieser Gottesdienst ein sehr feierlicher Gottesdienst voller Freude und Dankbarkeit dafür, dass sich zwei Menschen glücklich zusammengefunden und auf den Weg in ein gemeinsames Leben gemacht haben. Die meisten Menschen, die eine kirchliche Trauung feiern, kommen festlich gekleidet zur Kirche, und für gewöhnlich spielen Braut und Bräutigam dabei eine ganz besondere Rolle. Ihre Liebe und ihr Lebensglück, gemeinsam durchs Leben zu gehen, wollen auf der Hochzeit gefeiert werden.
In den Gesprächen, die ich mit Brautpaaren zur Vorbereitung ihrer kirchlichen Trauung führe, nehme ich neben aller Freude und Zuversicht des Paares sehr häufig ein Bedürfnis wahr, das nachdenklich stimmt und weit tiefer geht und ernster ist als alles, was bei einer Hochzeit als aufgeregter Ausdruck ausgelassener Heiterkeit und fröhlicher Unbeschwertheit vor Augen stehen mag.
Viele Brautpaare äußern, wie wichtig ihnen ist, dass Ihnen in der kirchlichen Trauung mit Gottes Segen das zugesprochen wird, was sich Menschen nicht selbst verschaffen oder gegenseitig versprechen können. Sie wissen: Nicht alles, was sich Menschen vornehmen, gelingt. Nicht alles, was wir anstreben und vorbereiten, verläuft nach unseren Plänen. Nicht jeder Weg, den wir einschlagen, führt auf gerader Linie direkt ins Ziel.
Viele Brautpaare wünschen sich Gottes Segen und beten um das, was für eine gute Ehe nötig ist und doch unverfügbar bleibt. Dass sie Gottes Gegenwart spüren und ihnen die Liebe auf ihrem gemeinsamen Weg nicht abhandenkomme, dass sie in ihrer Ehe auch schwierige und sogar schlechte Zeiten gemeinsam bewältigen können, dass sie die Kraft nicht verlieren, auf einander zu achten und füreinander da zu sein – das alles und mitunter noch viel mehr schwingt mit, wenn die beiden nacheinander die Frage mit „Ja, mit Gottes Hilfe“ beantworten, ob sie einander „lieben und ehren und die Ehe … nach Gottes Gebot und Verheißung führen (wollen) – in guten und in bösen Tagen“.
Was dem Brautpaar dann zugesprochen wird, nachdem die beiden die Traufragen beantwortet oder ihr Traubekenntnis abgelegt und in den allermeisten Fällen die Ringe „als Zeichen ihrer Liebe und Treue“ gewechselt haben, lässt sehr häufig erkennen, dass Gebet und Segen Hand in Hand gehen. So lautet eine beliebte Formulierung in dem Segensgebet für das Brautpaar:
„Gib ihnen den Heiligen Geist,
dass sie ihr gemeinsames Leben nach deinem Willen gestalten. Schenke ihnen festen Glauben,
beständige Liebe, unbeirrbare Hoffnung. Segne sie, dass sie einander lieben und gemeinsam dich loben“.
Wen wundert es da, dass so manches Brautpaar nach Jahren und Jahrzehnten wieder vor den Traualtar tritt, um als Silber-, Gold- und sonstiges Jubelpaar des glücklichen Tages zu gedenken, an dem sie ihren gemeinsamen Weg mit dem Segen Gottes begonnen haben?
Martin Haasler